Freiheit im Zwang

Nobelpreisträgerin Herta Müller schreibt ihre Collagen immer nur auf Karten in Postkartengröße. Regelmäßig leidet sie an der Beschränkung und wünscht sich mehr Platz. Gleichzeitig zwingt sie sich zu diesem Format. Auf die Frage: "Warum?" antwortet sie: "Im Zwang liegt manchmal auch eine Freiheit." Ich finde das stimmt: Sich selbst freiwillig Grenzen setzen, befähigt paradoxerweise oft zu mehr Freiheit.

"Gladness in the ruthless furnace of this world"

Jack Gilbert: A Brief For The Defense


Sorrow everywhere. Slaughter everywhere. If babies
are not starving someplace, they are starving
somewhere else. With flies in their nostrils.
But we enjoy our lives because that's what God wants.
Otherwise the mornings before summer dawn would not
be made so fine. The Bengal tiger would not
be fashioned so miraculously well. The poor women
at the fountain are laughing together between
the suffering they have known and the awfulness
in their future, smiling and laughing while somebody
in the village is very sick. There is laughter
every day in the terrible streets of Calcutta,
and the women laugh in the cages of Bombay.
If we deny our happiness, resist our satisfaction,
we lessen the importance of their deprivation.

We must risk delight. We can do without pleasure,
but not delight. Not enjoyment. We must have
the stubbornness to accept our gladness in the ruthless
furnace of this world.
To make injustice the only
measure of our attention is to praise the Devil.
If the locomotive of the Lord runs us down,
we should give thanks that the end had magnitude.
We must admit there will be music despite everything.
We stand at the prow again of a small ship
anchored late at night in the tiny port
looking over to the sleeping island: the waterfront
is three shuttered cafés and one naked light burning.
To hear the faint sound of oars in the silence as a rowboat
comes slowly out and then goes back is truly worth
all the years of sorrow that are to come.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Morgen!!

Es ist Freitag. Das Wochenende steht vor der Tür. Wie geht's dir?

Ich will dir heute was Inspirierendes fürs Wochenende mitgeben. Etwas, das dir zeigen soll, dass jedes Hindernis dafür da ist, daran zu wachsen. Ich will dich motivieren zu glauben, dass es IMMER mehr Möglichkeiten gibt als du denkst!

Um dir das zu verdeutlichen, muss ich dir vom Sindelfinger Glaspalast erzählen. Am 03./04. Januar war da nämlich wieder das weltberühmte U19-Fußball-Hallenturnier. 

Jedes Jahr Anfang Januar treffen sich in Sindelfingen die besten Nachwuchsfußballspieler unter 19 und spielen dort um den Turniersieg. Aus der WM-Startmannschaft von 2014 haben 4 Spieler vor einigen Jahren in Sindelfingen mitgekickt (z.B. Mesut Özil, Christoph Kramer usw.). Ok, ich drifte ein bisschen ab. Also, auf jeden Fall war ich auch dort. Und hab mitgespielt. Leider nicht. Aber ich saß auf der Tribüne und hab so mitgeschwitzt als hätte ich mitgespielt.

Die U19 des VfB Stuttgart hat letztendlich im Finale gegen Manchester United verloren.

Darum geht's aber gar nicht. Denn das, worüber ich heute schreiben will, hat sich eher am Rande abgespielt. Am Samstag gab es nämlich eine kleine Pause im Spielplan und dann liefen diese Mannschaften auf:




Die Deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft gegen den Deutschen Blindenfußball-Meister MTV Stuttgart. 
WIE GEIL IST DAS DENN?!?!?!

Die haben dann gegeneinander gespielt und die paar Tausend Leute im Glaspalast mussten ganz ruhig sein, weil sich die Spieler über eine Rassel im Ball und über Zurufe von Helfern hinter dem Tor orientieren.

Hier mal ein Freistoß:



I was blown away!

Blindenfußball!!

Mich (und ich glaub auch noch ein paar andere Leute) erfüllte ein tiefes Gefühl von RESPEKT und HOCHACHTUNG für diese Menschen da unten. 

Ich glaube, wenn ich erblinden würde, wäre eines der ersten Dinge, die ich denken würde: "Wie schrecklich. Jetzt kann ich nie wieder mit anderen Fußball spielen."

Aber hier war vor meinen Augen eine Gruppe von Menschen, die mir zeigten, dass jedes Hindernis dafür da ist, um daran zu wachsen. 
Hier war eine Gruppe von Menschen, die sich nicht durch ihre Beschränkungen vom Leben abhielten ließ.
Hier war eine Gruppe von Menschen, die voll Kreativität, Mut und harter Arbeit einen Weg gefunden hatte, trotz Blindheit Fußball zu spielen.

Und nicht nur das: Sie spielten dieses Spiel vor ein paar Tausend Menschen bei einem der wichtigsten Jugendfußballhallenturniere der Welt!!
Da muss man es erstmal hinschaffen...

Bist du schon inspiriert?

Was ist dein Hindernis? 
Was ist dein Problem?
Was ist deine Beschränkung?

Wie gehst du damit um?
Resignierst du?
Gibst du auf?
Wirst du passiv?
Nimmst du die Opferrolle ein?

Das musst du nicht! 

Ich nehme mir ein Beispiel an diesen Blindenfußballern: Alles ist möglich! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Deshalb meine Frage für dieses Wochenende an dich: 
Wo hast du deine Blindheit akzeptiert und dich damit abgefunden, dass du für dich halt bestimmte Dinge einfach nicht mehr möglich sind?
Die Blindenfußballer wollen dir sagen: Denk nochmal drüber nach!

:-)

(Halb-)Marathon-Challenge die Zweite



Immer wieder rede ich mit Leuten übers Joggen. Dann kommt auch meistens irgendwann das Thema Wettkämpfe: 10km-Lauf, Halbmarathon, Marathon...

Immer wieder heißt es dann:
"Ja, ich bin schonmal einen Halbmarathon gelaufen. Das war cool. Irgendwann will ich mal wieder einen laufen. ABER ich hab gerade keine Zeit / bin nicht fit genug / der Termin passt mir nicht / ich kann nicht trainieren / meine Joggingschuhe sind kaputt / meine Knie tun weh..."

Oder ich höre solche Sätze:
"Nee bei sowas hab ich noch nie mitgemacht. Macht bestimmt Spaß, ABER ich bin nicht so der Läufertyp / Wettkämpfe sind nichts für mich / das würde ich nie schaffen / die Distanz ist zu lang / ich geh zu unregelmäßig joggen..."

Kommt dir irgendwas davon bekannt vor? ;-) 

Wer von euch hat schonmal bei irgendeiner Art von Lauf-Wettkampf mitgemacht und hat es BEREUT?
Ich kenne niemanden. Wirklich. Niemand!

Also: Joggen ist gesund. Du bist fürs Laufen designt. Es macht dich fit und schlank. Du lernst deine Umgebung kennen. Du kannst dich abreagieren. Es beugt Depressionen vor (klinisch nachgewiesen). Du bist an der frischen Luft. Usw. D.h.: Joggen lohnt sich auf jeden Fall.

Das Problem ist allerdings, dass viele von uns nicht regelmäßig joggen gehen. Warum? Weil wir keine Challenge haben!

Aber dafür gibt's ja mich :-).

Letzte Woche hab ich mich offiziell für meinen zweiten Marathon angemeldet. 
Die ganze Sache steigt am 17. Mai in Heilbronn. Ich fühle mich ehrlich gesagt gerade nicht besonders motiviert oder fit. 
Aber ich will ja meinen Blog-Lesern mit gutem Vorbild voran gehen und vor allem weiß ich, dass ich es am Ende nicht bereuen werde.

Am 17. Mai in Heilbronn kann man auch einen Halbmarathon laufen.

Deshalb meine Challenge an dich: 
Mach mit! Wenn du am 17. Mai nicht gerade heiratest, dann melde dich JETZT an! Egal, wie fit du bist. Egal, ob du motiviert bist. Egal, was bisher war. Ich verspreche dir, dass es eine geile Erfahrung werden wird. 

Sobald du dich angemeldet hast (und die Anmeldegebühr von deinem Konto abgehoben wurde), kommt die Motivation ganz von selbst. Wenn du dann noch das machst, was ich gerade tue (jemand anderem von deinem Plan erzählen), wirst du plötzlich ganz sicher auch die Zeit finden, joggen zu gehen :-).

Wer läuft mit? Einfach unter diesem Post einen Kommentar hinterlassen. Bei meiner letzten Marathon-Challenge (Hier), sind nicht ganz so viele außer mir mitgelaufen ;-), aber es ist ein neues Jahr und ich bleibe hartnäckig.

Wär doch fett, so ne Challenge für den Frühjahr, die dazu führt, dass du dich in den kalten Monaten fit hältst, oder?

Ich wünsch dir eine super Woche, in der du - egal in welchem Bereich - Nägel mit Köpfen machst!
Niko

Was sollen wir als Christen in diesen Tagen der "Pegida"-Demonstrationen und Frankreich-Attentate tun?

Auf diese spannend Frage hat mein Vater, Christian Kohler, in seiner letzten Predigt am 11.01.15 in Kemnat (Ostfildern), wie ich finde, sehr gute, weise und wegweisende Antworten gefunden.

Viel Spaß! :-)

Stürmische Tage in Europa! Unwetter im Herzen des alten, des Kern-Europa: In Frankreich, aber auch in Deutschland! 

Keinen von uns hier wird es kalt gelassen haben, was sich seit Mittwoch, 7.1. ereignet hat: 
Mitten in Paris ermorden zwei Männer 12 Menschen und werden am Freitag dann selbst erschossen. Ein dritter Terrorist  nimmt sich Geiseln, erschießt vier von ihnen, und wird dann ebenfalls von der Polizei bei der Erstürmung des Supermarkts erschossen.

Eine Blutspur, die mehr zurücklässt als zerstörtes Leben.
Ein Angriff auf das Herz, den inneren Kern der Demokratie: 
Das Recht auf freie Meinungsäußerung! Auch wenn diese freie Meinungsäußerung im Falle von Karikaturen, von Satire oft überzeichnet, grell beleuchtet, verletzt. Mühsamst ist dieses Recht in Europa erkämpft, verteidigt worden und in Zeiten der Diktaturen wie unter den Nazis oder in DDR-Zeiten auch wieder verloren worden. Die Sozialistin Rosa Luxemburg hat den berühmten Satz geprägt, dass „Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden“ ist, so mühsam und schwer zu ertragen das manchmal erscheint.

Auf dieses Recht haben die Attentäter von Paris gepfiffen, nein: gezielt geschossen! Sie konnten, sie wollten nicht ertragen, dass insbesondere Mohammed, der Prophet, über-zeichnet, er und damit aus Sicht der Attentäter der Islam insgesamt in den Schmutz gezogen wird.

So ungefähr stelle ich mir, aus der Entfernung, die Gefühls- und Entscheidungslage dieser Al-Kaida-Männer vor. 

Und damit sind wir mitten in dem, was in diesen Tagen alle Medien, alle Politiker, alle Religionsvertreter beschäftigt.
Und heute auch uns, es geht aus meiner Sicht nicht anders!
Wir suchen, wir müssen suchen nach Deutungen, nach Wegweisungen für die Zukunft. 

Und die Zukunft beginnt ja spätestens morgen im Betrieb, wenn sich Türken, Italiener, Griechen, Kosovo-Albaner, Deutsche der xten Generation wieder sehen, miteinander arbeiten, miteinander zurecht kommen müssen.
Kemnat stellt da fast eine Insel dar, weil wir nur in geringerem Maße an der multikulturellen Gesellschaft, zumindest sichtbar, teilhaben.

So geht es neben der großen Frage nach der Freiheit um die Frage der Religion!
Darum also, wenn wir das aus dem Lateinischen stammende Wort ernst nehmen, was uns eigentlich „zurückbinden“, „relinquere“ anbinden soll und will an die Gottheit.
Und uns, durch die „religio“, rückbinden soll, ver-binden miteinander.
Und was uns doch, nicht erst seit dem Attentat von Paris, zunehmend von einander unterscheidet, ja trennt.

Selbst eine so liberale Tageszeitung wie die „Stuttgarter Zeitung“ überschreibt ihren gestrigen Leitartikel mit „Angst vor dem Islam“.  Und die Ergebnisse der Untersuchung der Bertelsmannstiftung, vor drei Tagen, veröffentlicht, bestätigen den Eindruck einer wachsenden Angst vor dem Islam in Deutschland.

Angst ist immer ein schlechter Ratgeber!
Weil sie, wie ihr Name schon sagt, „eng“, „angus“ macht, das Fühlen, Denken, Handeln. Weil man keine Alternative mehr zu sehen vermag. Und zum Beispiel nur noch um sich schlagen kann!

Was also sollen wir in diesen Tagen und Wochen, in denen auch gerade in Deutschland durch die „Pegida“- Demonstrationen soviel rumort, sich zusammenbraut, irgendwann ein Ventil für angestaute Ängste braucht, tun?
Wir als Christen?!
Wir, die wir hier in der Kirche beisammen sind, uns in großer Freiheit und Disziplin einander und Gott zuwenden, und heute mit besonders viel Fragen und sehr unterschiedlichen Gefühlen hierher gekommen sind.
Was sollen wir tun?!

Typisch für Christen ist oder sollte sein:
Dass wir nicht einfach in irgendeine Art von Aktivismus verfallen.
Sondern ganz bewußt vor Gott innehalten.
Ganz bewußt das Rasen der Gedanken, der Gefühle, der Unsicherheiten und Ängste darin unterbrechen, dass wir Gottesdienst feiern: Und das heißt doch, dass wir in Gebeten, Liedern, der Predigt von wegschauen zum unsichtbaren Gott hin.

Der für uns alle Christen genauso unsichtbar ist wie für den Moslem oder den Juden.
Der für uns genauso heilig, einmalig, fordernd und fördernd ist wie für den Moslem und Juden.
Der uns, nach unserem christlichen Glauben, allerdings sich selbst ganz, ganz besonderer Weise erschlossen hat: in Jesus Christus, an den wir als Christen glauben, dessen Namen wir tragen!
Im Sinne von: Ja, wir glauben, es ist unser Bekenntnis, dass sich Gott in Jesus gezeigt hat, zu uns kam, Mensch wurde, und in seinem Leben, Tod und Auferstehen seine Liebe gezeigt hat!

Darin auch liegt für mich die Antwort auf die Frage, was wir tun sollen, liebe Gemeinde: Als Christen sind wir an die Liebe Gottes in Jesus Christus gebunden! Wir dürfen, in der Nachfolge Christi, nicht Gleiches mit Gleichem vergelten! Wir haben Nächstenliebe zu praktizieren. Nächstenliebe in ihrer intensivsten und schwersten Form der Feindesliebe. 
D.h. praktisch: wir sollten, wo immer es geht, auf den Fremden, auf den Andersgläubigen zugehen. Ohne unseren Glauben zu verleugnen! Aber auch ohne den Anderen zwangsbekehren zu wollen. 

Wir sollen, immer, den Weg der Versöhnung, der Vergebungsbereitschaft gehen!
Bis hin zum Extrem, dass es uns, wie Jesus, das eigene Leben kosten kann.

Das heißt für mich aber auch ganz klar: Wir können nicht an einer Pegida-Demonstration teilnehmen. So sehr ich meine, dass politisch gesehen, die Ängste, die sich doch äußern, die Frustrationen auch, ernst zu nehmen sind. 

Aber wir können und dürfen als Christen nicht ein gesellschaftliches Klima von Ressentiments und Schuldzuweisungen mit schüren!

Wie ich es in meiner Neujahrspredigt gesagt habe: Die Gefahr ist groß, dass sich die diffusen Gefühle mehr und mehr ihre Objekte, ihre Haß-Objekte, ihre „Sündenböcke“ suchen und sich für fremdartig aussehende Menschen ein immer feindseligeres Klima entwickelt, das sie schließlich zu Opfern werden lässt.
Und diese schreckliche, unselige Haltung der Massen hatten wir schon einmal in Deutschland, wenn wir nur an die „Reichsprogromnacht“ vom 09.-11.11. 1938 denken.

Nein! Uns ist im letzten die Liebe als „Feindes-Liebe“ aufgetragen!

Die geistliche Herausforderung wird und muss uns ins Gebet treiben.
Dass wir Gott unsere leeren Hände, unsere schwierigen Gefühle der Unsicherheit und Angst innerlich hinhalten und IHN um sein Helfen, SEINE Liebe, SEINEN Geist, bitten!

So sind und bleiben Christen angewiesene Menschen! Auf Christus, den Auferstandenen angewiesene Menschen. Die mit seinem Satz leben: „Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ (Johannes 15,5) Könnt ihr nichts von dem tun, was die Spaltungen, die Aus- und Abgrenzungen immer wieder überwindet.

ER, der menschgewordene Gott, stärke Sie, Dich und mich darin in der Nachfolge Jesu zu bleiben!

Pfarrer Christian Kohler