Was man von der Dortmunder Südtribüne fürs Leben lernen kann




Samstag, 17:15Uhr, Dortmund, ausverkauftes Stadion mit gut 80.000 Menschen, Südtribüne:

Gerade hat Dortmund gegen Hannover gespielt. Dortmund steht vor dem Spiel mit dem Rücken zur Wand. Von den ersten 8 Spielen haben sie 5 verloren. Verlieren sie wieder, stehen sie auf Platz 15. Sowas gab es seit Jahren nicht mehr. Sie müssen dieses Spiel heute gewinnen. Alles sieht gut aus. Unter der Woche gewinnt man in der Champions League in Istanbul 4:0. 

Anpfiff. Dortmund hat gute Chancen, aber man merkt den Druck auf den Schultern den Spielern. Irgendwie sind sie nicht 100% bei der Sache. Der letzte Einsatz in den Zweikämpfen fehlt. Der Hannover-Torwart pariert zweimal glanzvoll. Und dann Freistoß Hannover: ca. 20m vom Tor entfernt. Ein herrlicher Schuss über die Mauer. Keine Chance für den Torwart. 1:0 Hannover. Dortmund will, aber es wird nicht reichen an diesem Samstag. Sie verlieren ihr 6. Spiel. Zuhause.

Was wird jetzt passieren? Wie werden die zigtausenden Dauerkarten-Hardcore-Fans der Südtribüne reagieren?
Ich steh mittendrin und bin gespannt. Ich überlege mir, wie's jetzt im Stuttgarter Stadion abgehen würde. Bin mir ziemlich sicher, dass es ein gellendes Pfeifkonzert geben würde.

Und dann fangen die Leute um mich herum plötzlich an zu singen:

Dortmund, Dortmund
Dortmund, Dortmund
Und wir werden immer Borussen sein
Es gib nie, nie, nie einen anderen Verein

Tausende singen aus voller Kehle. Keiner pfeift. Irgendwie breitet sich eine komische, positive Stimmung im Stadion aus. Die Mannschaft merkt, was passiert und sie kommt auf die Fans zu. Mit hängendem Kopf fangen sie an, für die Fans zu applaudieren. Minutenlang geht das so. Die Fans singen: Es gib nie, nie, nie einen anderen Verein und die Mannschaft klatscht. Man merkt, wie beide Seiten aus dieser Aktion Kraft ziehen und auftanken.

Als ich dann so vom Stadion weggelaufen bin, hab ich mich gefragt, was da eigentlich gerade unter der Oberfläche abging.
Dann ist mir bewusst geworden, was für eine unheimliche Kraft es hat, wenn dir jemand seine unbedingte Treue zuspricht. Und zwar dann, wenn du gerade versagt hast, verloren hast, es vermasselt hast, eine Niederlage einstecken musstest. 
Es gibt kaum etwas Schöneres, als zu erleben, dass jemand zu dir steht, wenn du unten bist. Das macht die Beziehung stark. Das gibt neue Kraft. Das lässt einen wieder aufstehen. 

Ich musste dann an eine Stelle im Römerbrief denken, in der Paulus an die römische Gemeinde schreibt:
Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? (8,35).

Für Paulus ist klar: Es gibt nichts, gar NICHTS, was Gottes Liebe zu uns schmälern oder sogar auslöschen könnte. Er steht zu uns. Immer. 100%. Er ist treu. Er hält die Beziehung zu uns aufrecht. Egal, wie krass wir am Boden liegen. Es gibt für ihn nichts, womit wir uns disqualifizieren können. Wir dürfen verlieren. Er bleibt da. Wir losen und er singt: 

Du, Du, 
Du, Du
Und ich werde für immer Fan von dir sein
Es gibt nie nie nie eine Trennung zwischen uns.

Das ist doch mal geil, oder? :-)

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