Scham - Teil 2

Was ist das erste, was passiert, nachdem Adam und Eva von der verbotenen Frucht gegessen haben?

Eigentlich würde man denken: Sie fallen tot um. Denn vorher hieß es ja, dass sie sterben müssten, wenn sie davon essen.

Aber es kommt ganz anders. Auf den ersten Blick ziemlich undramatisch und unspektakulär. 

Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren. (Genesis 1,7)

ES GIBT SCHLIMMERES

Vielleicht denkt der eine oder andere: "Ja gut, es gibt Schlimmeres!".

Aber was dann im Anschluss beschrieben wird, zeigt, dass sich für Adam und Eva für immer etwas grundlegend verändert hat.

Und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. Und sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages. 
Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor dem Angesicht Gottes, des Herrn, mitten zwischen den Bäumen des Gartens. 
Und Gott, der Herr, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? 
Da sagte er: Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, weil ich nackt bin, und ich versteckte mich. 
Und er sprach: Wer hat dir erzählt, dass du nackt bist?

SCHAM

Wow, ist das tief! Nachdem Adam und Eva die Stimme der Schlange über die Stimme ihres Schöpfers gestellt haben, hält etwas in ihrem Leben Einzug: Scham. 
Woran merkt man das? Dass sie sie sich fürchten und dann verstecken. Verrückt, dass Adam plötzlich Angst überkommt, weil er erkennt, dass er nackt ist. Das hat ihn ja vorher gar nicht interessiert oder gekümmert. Er war einfach da. Zufrieden in seiner Haut. Aber plötzlich schämt er sich für sich. Er ist sich selbst peinlich. 

Und was ist immer die Konsequenz von Scham? Rückzug! Sich verstecken! Man will sich nicht mehr zeigen, sich nicht zumuten. Man will sich verbergen, weil man sich irgendwie unwürdig, unsauber, entblößt, nackt fühlt.

DEN FINGER AUF DIE WUNDE

Ich finde es faszinierend, dass dieser alte Text hier den Zustand der Menschheit so treffend beschreibt. Er legt den Finger auf eine Wunde der Menschheit.

Ich kenne viele Menschen, die von Scham gezeichnet durchs Leben gehen. 

Kennst du die Angst davor, "herausgefunden" zu werden, entdeckt zu werden? Dass jemand sieht, wie und wer du wirklich bist? 

Ich glaube, dass wir Menschen so viel Zeit und vor allem Energie dafür aufwenden, uns zu verstecken. Vor Menschen. Vor uns selbst. Und vor allem vor Gott.
Wir haben Angst, dass jemand unsere Nacktheit entdecken könnte und so versuchen wir sie mit allem möglichen zu verdecken und wo das nicht gelingt, verstecken wir uns.

HOFFNUNGSVOLL

Warum ich diese Genesis-Geschichte so hoffnungsvoll finde, ist, weil sie mir von einem Gott erzählt, der sich das anders vorgestellt hat. 
Ein Gott, der das nicht normal oder in Ordnung findet. Ein Gott, der ein anderes Leben für uns Menschen hat. Eins ohne Scham, Angst und Verstecken. 
Erst das sollte man dann auch wirklich als "Leben" bezeichnen.

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