Kreativität braucht Begrenzung (Teil I)

In letzter Zeit beschäftige ich mich viel mit dem Thema KREATIVITÄT.

Kreativität kommt vom lateinischen creare. Creare bedeutet erschaffen oder etwas erfinden. Wer kreativ ist, erschafft also etwas. 

Mich fasziniert die Einsicht, dass wir Menschen als einzige Spezies auf dieser Erde die Möglichkeit haben, Ideen, Gedanken, Phantasien, Träume, Vorstellungen, in unserem Kopf zu haben und diese dann tatsächlich in die Realität umzusetzen.

Wir können unsere Ideen materialisieren. Wir können uns Dinge vorstellen, die sich vorher noch nie jemand vorgestellt hat und können dann die notwendigen Schritte gehen, damit unsere Phantasie Realität wird.

Jedes bedeutende Gebäude: der Eiffelturm, die Pyramiden in Ägypten, das Weiße Haus, die Mercedes-Benz-Arena, hatte seinen Anfang im Kopf von irgendeiner Person.

Genauso ist es mit jedem guten Roman (Momo), mit jedem guten Film (Die Matrix), mit jeder guten Sinfonie (Vivaldi), mit jedem guten Essen (Spargel mit Flädle, Schinken, Kartoffeln und Sauce Hollandaise), mit jeder guten Hochzeitseinladung usw.
Alles beginnt damit, dass irgendjemand, irgendwo eine Idee hatte. Und den Mut, dieser Idee nachzugehen.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, ich jedenfalls habe aber immer wieder ein Problem bei diesem „Erschaffungs-Prozess“: Es gibt zu viele Möglichkeiten!

Ein Beispiel:
Ich predige öfter zu unterschiedlichen Anlässen in verschiedenen Gemeinden. 
Intuitiv würde man wahrscheinlich denken, dass die Vorbereitung für mich dann am einfachsten ist, wenn man mir gar kein Thema bzw. nur ein sehr grobes Thema („Predigen Sie über die Liebe!“) vorgibt. 

Genau das Gegenteil ist aber der Fall: Umso freier ich bin, desto schwerer fällt es mir,  kreativ zu sein. Mir kommen dann so viele Ideen gleichzeitig und ich weiß nicht, wo anfangen und wo aufhören.
Ganz anders ist es, wenn mir jemand nur einen einzigen Bibelvers vorgibt, über den ich predigen soll.
Das schränkt mich zwar einerseits ungemein ein, aber gleichzeitig gibt es mir die Möglichkeit, dass sich meine ganze Kreativität an nur einer Sache austoben kann. Das bringt Konzentration und Fokus. 

Zu viel Freiheit ist der Stolperstein für viele Künstler. 

Was, wenn van Gogh gesagt hätte: „Was? Auf dieser Mini-Leinwand soll ich meiner Phantasie Ausdruck verleihen? Die ist mir viel zu klein und schränkt mich ein!“? 
Was wenn Mozart der Meinung gewesen wäre: „Meine Vorstellung von Musik lässt sich nicht auf so einem lächerlichen Instrument mit ein paar schwarzen und weißen Tasten einfangen. Das wird dem nicht gerecht.“

Ich glaube, dass gerade die Annahme einer Begrenzung bei vielen genialen Menschen zu den kreativsten Werken geführt hat. 

Wie schrecklich, wenn ein Fußballtrainer für jedes Spiel einen 100-Mann-Kader zur Verfügung hätte. Das würde vor allem lähmen und nicht dazu führen, dass nachher besserer Fußball gespielt wird.

Kreativität braucht Begrenzung.

Ich bin der Überzeugung, dass das auch ein Haupt-Geheimnis für den Erfolg von twitter ist. Man „darf“ eben nur ein paar Sätze schreiben. Obwohl das eine Begrenzung ist, genießen wir es gleichzeitig, weil es uns hilft, unsere Tausend Gedanken zu bündeln.

Alright, aber wie lässt sich diese Erkenntnis in der Praxis umsetzen?
Welche Methode könnte man anwenden?

Dazu mehr in Teil II. :-)

Was ist eure Erfahrung mit dem Thema Kreativität? Helfen euch Begrenzungen oder findet ihr das eher oft nervig?

Viele Grüße,

Niko

1 Kommentar:

  1. Hey Niko,

    du hast völlig Recht: mit der Begrenzung schaffen wir uns Verankerungspunkte, an denen sich unsere Kreativität festhalten kann. Um mit "völliger Freiheit" wirklich etwas anfangen zu können muss ich mich a) absolut ganz und b) mit einem bestimmten State of Mind hineingeben. Den zu treffen ist unheimlich aufwendig (flow und so ;) )...
    Deshalb verwenden wohl viele Pfarrer die Losungen als Startpunkt für ihre Predigten, wenn sie keine Lese-Ordnung für den Tag haben.

    Guter Artikel, hab gleich mal die anderen auch gelesen.
    Jetzt will ich auch wieder einen Blogeintrag für mein brainhacking-SDK schreiben :D

    Bis Bald! Grüßle
    Jonathan

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